Kurze Geschichte Namibias (Teil I)

In vorkolonialer Zeit
Die deutsche „Musterkolonie“
Südafrikanische Okkupation
Die Rolle der UNO
Die Umsetzung von Resolution 435

In vorkolonialer Zeit

Archäologisch lassen sich die ersten Spuren menschlicher Besiedlung auf dem Gebiet des heutigen Namibia mehrere zehntausend Jahre zurückverfolgen. Zweifellos handelte es sich um dabei um nomadisierende Gesellschaften, die von der Jagd und dem Sammeln von Naturprodukten lebten – eine Lebensweise, die in Namibia heute auch von der Minderheit der San nur mehr zum geringen Teil praktiziert wird. Das Alter der frühesten Felsmalereien, die den San zugeschrieben werden, wird auf bis zu fünftausend Jahre geschätzt. Immer wieder erreichten im Verlauf vieler Jahrhunderte Einwanderungswellen die Region Namibias: aus dem Norden kamen bantusprechende Ovambo, die sich nördlich und südlich der heutigen Grenze zwischen Angola und Namibia ansiedelten und mehrere kleine Königreiche auf Basis Ackerbau und Handel gründeten, sowie viehzüchtende (und ebenfalls bantusprachige) Herero, die sich im zentralen Hochland niederließen. Vom Süden her kamen Khoigruppen, die von europäischen Siedlern in Südafrika vertrieben worden oder geflohen waren, wie die Nama und Orlaam; deren Führer Jonker Afrikaner errichtete seine Residenz 1840 nahe den heißen Quellen von Ai Gams, dem heutigen Windhoek.

Wirtschaftliche Rivalitäten, aber auch der zunehmende europäische Einfluß führten immer wieder zu Rivalitäten zwischen den einzelnen Völkern – aber auch zu Versuchen, ein friedliches Miteinander zu ermöglichen. Zwölf traditionelle Führer z. B. unterzeichneten am 9. Jänner 1858 in Hoachanas einen Friedensvertrag und schlossen sich zu einem „Stämmebund“ zusammen – ein wichtiges Ereignis in der Geschichte der Nationswerdung des namibischen Volkes.

Europäische Händler, Missionare und Abenteurer gelangten zunächst vorwiegend über die holländische bzw. (ab 1815) britische Kapkolonie ins heutige Namibia oder vom Norden her aus dem portugiesischen Angola (über diese Route erreichte als einer der ersten Europäer überhaupt der Ungar László Magyar 1852 das Königreich UuKwanyama und verbrachte zweieinhalb Monate am Hof des Königs Haimbili yaHaufiku. Zur selben Zeit war auch der österreichische Botaniker Friedrich Welwitsch im Auftrag der Portugiesen in Angola tätig; aus dem südangolanischen Hochland berichtete er als erster über die nach ihm benannte Pflanze welwitschia mirabilis, die heute das namibische Staatswappen ziert). Von der Atlantikküste aus, die ohnehin nur wenige Landeplätze für europäische Schiffe aufwies, drangen Europäer aufgrund der Unwirtlichkeit der Namibwüste kaum weiter ins Landesinnere vor. Erst als Jonker Afrikaner eine gute Straßenverbindung zur Küstenregion angelegt hatte, gelangten vor allem deutsche Missionare und Händler in zunehmender Zahl auch ins Hinterland. Sie standen in heftiger Konkurrenz zu den aus Südafrika kommenden Missionaren und Händlern und bildeten eine einflußreiche Lobby, die ein militärisches Eingreifen Deutschlands als ihrer „Schutzmacht“ forderte.

Seite: 1 2 3 4 5